Da war sie wieder. Die alljährliche Herrentour. Ohne Frage ein Garant für Spaß und „Soulshredding“, doch der große Nachteil solcher lang im Voraus geplanten Trips ist immer das Wetterroulette. Einmal gebucht steht der Urlaub wie einzementiert im Kalender und man ist den Wetterkapriolen schutzlos ausgeliefert. Gerade in diesem „Jahrhunderwinter“, der partout keiner sein will.
Die Destination unserer Expedition ins Schneereich war in diesem Jahr endlich das wunderbare Montafon, genauer gesagt Gargellen und das Silvretta Gebiet. Schon 'zig Mal fuhr man auf dem Weg zum Arlberg an der Abfahrt vorbei, etliche Male hörte oder las man vom „sportlichsten Skigebiet Österreichs“, doch noch nie hatte es uns dorthin verschlagen. Als Basislager diente uns die Ferienwohnung der Familie Saller am Ende des Silbertals. Etwas ab vom Schuss, doch dank der Kapellbahn super an das Skigebiet Hochjoch angebunden, lag die Unterkunft genau nach unserem Geschmack ruhig, am Ende einer kurvigen Bergstraße und belohnte den Gast jeden Morgen mit einer traumhaften Aussicht in alle Himmelsrichtungen.
Bei der Ankunft war die Stimmung erst einmal gedrückt. Der Fön hatte im Tal und auch auf dem Berg gewütet. Es hatte bis hoch rauf geregnet und so sehr man auch suchte und hoffte, war am ersten Tag außer Bruchharsch und Nebel nix zu holen. Immerhin klarte es gegen Nachmittag auf und man konnte sich einen Überblick über das Gebiet verschaffen.
Zum Glück war uns Ullr aber auch in diesem Jahr wohlgesonnen und schickte in der Nacht von Sonntag auf Montag endlich Nachschub. Mit frischem Schnee in der Nase fällt das Aufstehen leicht und man kam endlich in den Genuss der ersten gemütlichen Powderschwünge in pistennahem Gelände oder auf den ausgewiesenen Varianten der Silvretta. Die Zurückhaltung war dem Nebel geschuldet, der sich erst nicht so recht verziehen wollte doch auch er musste irgendwann einsehen, dass uns jetzt nichts mehr den Tag vermiesen konnte. Was will man denn auch mehr als knietief im frischen Schnee stehen und mit ein paar Kumpels Wetten abschließen wer im dichten Nebel als erstes Bekanntschaft mit der hiesigen Flora macht. Glücklich und erschöpft fehlt nach einem solchen Tag dann blos noch das Feierabendbier und Futter!
Richtig cool wurde es jedoch dann ab Dienstag. Der Schnee blieb qualitativ in einem Top Zustand, die Sonne zeigte sich zunehmen und der Nebel gab endlich die Sicht auf das komplette Ausmaß des Silvretta Gebietes frei. Unter der Woche, außerhalb der Ferienzeiten war auch von Powderstreß absolut nichts zu spüren. Die ausgeschriebenen Varianten sind wie zu erwarten schnell zerfahren also empfiehlt es sich mit offenen Augen rund um Valisera, Versettla und Schwarzköpfle das wirklich abwechslungsreiche „Slackcountry“ zu erkunden. Fast immer sticht schon aus dem Lift eine Linie ins Auge. An der Rinderhüttebahn ist ebenfalls einiges geboten. Wem das weite gemütliche Gelände um die Skiroute 44 nicht mehr ausreicht und nach mehr giert, kann anfellen und sich das „Open Faces“ Wettkampfgelände oberhalb vorknöpfen oder gegenüber vom Burg aus abfahren. Generell gilt: Viele Wege führen zurück ins Novatal und somit am Ende auch bequem zu einem Lift. Drüben am Hochjoch gibt es auch noch steileres Gelände zu entdecken. Unter der Hochalpila Bahn liegt ebenfalls offensichtliches und schönes Terrain das einfacher nicht zu erreichen sein könnte. Mittlerweile ein frequentierter Klassiker ist die Variante von der Zamangspitze nach St. Gallenkirch. Dort findet wer’s brauch auch Musik und Bewirtung, sowie ein Freeride kompetentes Sportgeschäft.
Die letzten Tage unseres Trips widmeten wir dem kleineren Skigebiet Gargellen. Ich kann gleich zu Anfang sagen, dass Gargellen unser Herz im Sturm erobert hat. Gargellen ist gemütlich, ruhig und landschaftlich astrein. Der Tipp unseres Gastgebers hatte sich ebenfalls bewahrheitet: „Wenn auf der Silvretta schon alles zerfahren ist, gibt’s in Gargellen noch was zu holen.“ Was Varianten angeht bietet das Skigebiet mehrere Routen, angeführt von der legendären „Nidla“, welche laut Internetauftritt des Skigebiets nicht nur der gleichmäßigste, sonder mit seinen 387 Schwüngen auch der längste Tiefschneehang am Platz sein soll. Wir wollten diese Angabe gerne überprüfen doch leider wurde diese Fallstudie aufgrund mangelnder Disziplin der Fahrer abgebrochen. Man kommt halt leider beim Zählen durcheinander bei Kaiserwetter, mit tollem Schnee und all der Euphorie.
Aufgrund ihrer Popularität ist die Nidla leider auch schnell zerfahren (Neudeutsch: „tracked out), doch von Powderknappheit war keine Spur. Kurzerhand wurden die Felle aufgezogen und wir machten uns auf den Weg zum St. Antönier Joch. Der weite Kessel zwischen Garnellner Köpfle, St. Antönier Joch und Riedkopf bietet viel Platz und Abwechslung. Das Joch ist der Ausgangspunkt der bekannten Madrisa Rundtour und zugleich die natürliche Grenze zur Schweiz. Auf Österreicher und Schweizer Terrain fanden wir bis zum Ende unserer Tour unser Bergglück und wie immer traten wir mürrisch die Heimreise an. Doch es war sicher nicht der letzte Besuch im „Muntavu“!
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